Hallo, ich bin Kim! Schön, dass du da bist und wir gemeinsam der Frage „What the hell is Antifeminismus?“ nachgehen. Wenn du dich wie ich auf einen entspannten Abend freust, muss ich dich leider enttäuschen. Das Thema hat es in sich!
Aber erstmal von vorne…
Nach einem anstrengenden Tag wollte ich es mir nur noch auf dem Sofa gemütlich machen. Die Snacks stehen bereit und die nächste Folge meiner Lieblingsserie wartet schon auf mich! Vorher checke ich aber noch schnell meinen Insta-Account. Das war ein Fehler – ein neuer Follower hat geschrieben…
Yes, richtig, ein Dickpic! Mal wieder! Oh man, was für eine sexistische Kackscheiße! Ob er weiß, dass er damit eine Straftat begeht?
Genervt und angewidert schaue ich mir das Profil des Typen genauer an und entdecke echt schräge Posts. Ich scrolle mich immer weiter durch und bemerke, dass er anscheinend nicht nur Menschen mit seinen Genitalien belästigt, er folgt auch anderen krass frauenverachtenden Profilen. Ich sehe homo- und transfeindliche Kommentare. Geschlechtergerechte Sprache findet er wohl auch ziemlich beknackt und überhaupt findet er, dass Feminismus das größte Übel der Welt ist.
Immer wieder stolpere ich über das Wort „Incels“. Das muss ich schnell googlen...
Was sind Incels?
„Incel-Community – Wie weit der Hass gegen Frauen geht“ | Ein Beitrag des Deutschlandfunk Kultur vom 08.03.2021
Dauer - 07:44 Minuten
„…Incels, das steht für involuntary celibate men, also für unfreiwillig im Zölibat lebende Männer. Männer, die keinen Sex haben und sich im Internet zusammenrotten. Doch von Incels einfach nur als Frauenhasser zu sprechen ist zu wenig, viel zu wenig…“
„Incel-Community – Wie weit der Hass gegen Frauen geht“
Boah, das ist ja richtig krass! Ich soll also daran schuld sein, dass die keinen Sex haben? Die haben sie doch nicht mehr alle!
Spätestens jetzt war es vorbei mit dem entspannten Abend. Ich bin viel zu wütend und einfach nur fassungslos. Was soll das denn? Ich bin doch nicht verantwortlich dafür, dass die Typen keinen Sex haben.
Im Zusammenhang mit Incels lese ich immer wieder von organisiertem Antifeminismus. Aber was heißt das eigentlich? Bei der weiteren Recherche stoße ich auf Projekte, die über das Phänomen Antifeminismus aufklären.
„Antifeminismus bedeutet, feministische Anliegen und Positionen pauschal, aktiv und oft organisiert zu bekämpfen oder zurückzuweisen, sei es als Individuum in Internet-Diskussionen, sei es in Parteien oder anderen Gruppierungen."
(Projekt Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken)
Ich stoße auch auf einen Podcast von Lina Dahm. Mal etwas zu hören statt immer nur zu lesen ist doch eine gute Abwechslung. Ich mache mir noch schnell einen Tee und los geht´s…
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Dauer: 2:53 Minuten
Uff, das waren ganz schön viele Informationen, jetzt schwirrt mir etwas der Kopf.
Für heute reicht es mir, aber Morgen nehme ich mir vor die Ausstellung „Antifeminismus – eine politische Agenda“ zu besuchen. Ein bekannter Influencer hatte kürzlich Werbung dafür gemacht über die ich gestolpert bin. Die Ausstellung möchte ich mir nicht entgehen lassen.
Ausgeschlafen, aber immer noch mit Fragezeichen im Kopf, mache ich mich auf den Weg zur Ausstellung. So richtig gecheckt, was Antifeminismus ist, habe ich nämlich immer noch nicht. Los geht´s…
Kaum angekommen erwarten mich auch schon die ersten Erklärung zu Antifeminismus.
Antifeminismus ≠ Teilhabe?!
Feministischen Anliegen liegt daran mehr Freiheiten und Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen. Antifeminismus hingegen verfolgt eine politische Agenda der Einschränkung und möchte Teilhabe verhindern. In seiner organisierten Form stellt er sich gegen gesellschaftspolitische Veränderungen, die mehr Gleichberechtigung fordern und vielfältige Lebensweisen ermöglichen. Dabei wurde und wird Feminismus zum einheitlichen Feindbild erklärt und pauschal abgelehnt. Als eigenständige Ideologie versucht Antifeminismus patriarchale Strukturen aufrechtzuerhalten und sexistische Vorstellungen politisch umzusetzen.
Hm Patriarchat, habe ich doch schon mal gehört… das scheint für die Erklärung zu Antifeminismus wichtig zu sein. Aber was heißt das nochmal?! Hoffentlich wird das gleich noch erklärt. Vielleicht auf dem nächsten Monitor da drüben? Da steht Antifeminismus in der Baumkrone und Patriarchat im Stamm…
Der Antifeminismus-Baum wurde vom fempi-Netzwerk entworfen, um den Unterschied zwischen Antifeminismus, Sexismus und Misogynie deutlich zu machen. Antifeminismus ist die gezielte und politisierte Umsetzung sexistischer Vorstellungen und bildet eine organisierte und zielgerichtete Gegnerschaft zu gesellschaftspolitischen Veränderungsprozessen. Frauenhass wird hierbei häufig zum Umsetzungswerkzeug. Sexismus und Misogynie/Frauenhass sind Ideologiefragmente von Antifeminismus. Die Ideologiefragmente können aber auch unabhängig von Antifeminismus existieren und wirken. So ist nicht jede sexistische Einstellung oder Handlungsweise zwangsläufig antifeministisch. Aber jeder Antifeminismus ist sexistisch. Denn Antifeminismus baut auf (hetero-)sexistischen Vorstellungen auf.
Im antifeministischem Denken gibt es nur zwei biologisch begründete Geschlechter – Mann und Frau - und zwischen diesen gibt es vermeintlich „natürliche“ Unterschiede und „natürliche“ Ungleichheiten. Ergänzenden Vorstellungen eines sozialen Geschlechts werden abgelehnt. Diese „natürliche“ Ordnung baut auf der Ungleichheit von Menschen auf. Männern wird hier mehr Macht und Dominanz zugesprochen als Frauen.
Patriarchat beschreibt eine Gesellschaftsform, die hauptsächlich von Männern geprägt ist und diesen mehr Macht zuspricht als Frauen. Ein anderes Wort für Patriarchat ist Männerherrschaft.
Misogynie oder auf Deutsch: Frauenhass. Der Begriff beschreibt die starke und grundsätzliche Abwertung von Frauen und eine vermeintliche Überlegenheit von Männern. Kurz: In diesem Verständnis gelten Frauen als minderwertig. Männer meinen über das Verhalten von ihnen urteilen zu dürfen - teils mit körperlicher Gewalt bis hin zu Morden.
Ein anderes Wort für Sexismus ist Geschlechter-Diskriminierung. Personen werden aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, abgewertet und ungerecht behandelt.
Das Hetero in (Hetero-)Sexismus bedeutet, dass jede Sexualität, die nicht zwischen Mann und Frau gelebt wird, abgelehnt wird. Schwul oder lesbisch zu sein, wird bspw. abgelehnt und für „nicht natürlich“ angesehen.
Reproduktive Selbstbestimmung beschreibt die Freiheit über den eigenen Körper zu bestimmen: über Fortpflanzung, Elternschaft, Verhütung, die Anzahl der Kinder und auch die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch.
Sexuelle Selbstbestimmung bedeutet frei entscheiden zu können, wie und mit wem Sexualität gelebt wird. Jede Person hat das Recht selbst über den eigenen Körper zu bestimmen. Das heißt auch die eigenen Bedürfnisse und Grenzen unabhängig von den Wünschen anderer festlegen zu können.
Unter (Hetero-)Sexismus versteht das FemPI-Netzwerk die Diskriminierung, Abwertung und Benachteiligung von Personen aufgrund ihres (zugeschriebenen) Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung. Sie betrachten Sexismus als Diskriminierungsform bzw. Diskriminierungspraxis, die sich direkt auf Personen bezieht und mit konkreten Handlungen verknüpft ist. Aber auch strukturelle Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts (z.B. pay gap) können als sexistisch bezeichnet werden.
Geschlechtliche Selbstbestimmung heißt, dass amtlich und rechtlich die Geschlechtsidentität und nicht das biologische Geschlecht maßgeblich ist. Es bedeutet, im selbst als richtig empfundenen Geschlecht leben zu können.
Mit dem Begriff Familismus wird eine Denkweise beschrieben, die Familie – bestehend aus Vater-Mutter-Kindern – als Leitform für eine Gesellschaft betrachtet. Die Familie wird hier als die wichtigste gesellschaftliche Gruppe angesehen. Sie ist Dreh- und Angelpunkt einer gesellschaftlichen Ordnung. Andere Familienmodelle, bspw. Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern, werden abgelehnt und nicht als vollwertige Familie angesehen.
Die Aussage „wir leben in einer Femokratie“ will sagen, dass „der“ Feminismus schon längst die Gesellschaft lenken und beherrschen würde. Feminismus wird eine (All)Macht zugesprochen und gleichzeitig wird er in eine Verschwörungserzählung eingewebt. Feministische Akteur*innen ziehen nicht heimlich die Strippen der Welt, sondern kämpfen gesellschaftlich sichtbar für mehr Gleichberechtigung.
Der englische Begriff „Queer“ ist ein Sammelbegriff für Personen, die bspw. homosexuell leben, trans* oder nicht-binär sind. Der Begriff queer bezieht sich auf unterschiedliche Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten.
Die Diskriminierung und Anfeindung von queeren Menschen wird als Queerfeindlichkeit bezeichnet. Die Feindlichkeit zeigt sich unter anderem durch Vorurteile und Ablehnung, aber auch durch direkte Hasskriminalität und Gewalt.
Oh wow, da bringt Antifeminismus ja ganz schön viele schräge Gedanken zusammen und richtig viele Lebensweisen werden abgelehnt. Ich dachte echt wir seien schon weiter. Na ja, jetzt weiß ich auf jeden Fall was Patriarchat bedeutet: eine Gesellschaftsform, die von Männern geprägt ist und in der Frauen weniger zu melden haben – und die wollen Antifems erhalten. Alles klar!
Ich gehe mal zur nächsten Station. Da hat sich schon eine Traube von Menschen gesammelt, die sich Kopfhörer aufziehen. Eine kurze Lesepause ist mir gerade ganz recht…
Was verstehst du unter Antifeminismus?
Len Schmid (Fachstelle mobirex)
Ist Sexismus nicht das gleiche wie Antifeminismus?
Judith Goetz (Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit/FIPU)
Wer sind Antifeminist*innen?
Rebekka Blum (Hochschule Freiburg)
Ist Antifeminismus etwas Neues?
Julianne Lang (Forschungsprojekt GERDEA)
Im nächsten Raum stehen auch ein paar Leute vor einem Monitor, sie sind am Lachen und stoßen sich immer wieder an. Ich stelle mich neugierig dazu und sehe schnell, was die anderen zum Quatschen bringt: ein Quiz!“.
1962 - Durch das im Jahre 1958 in Kraft getretene Gleichberechtigungsgesetz wurde das „Letztentscheidungsrechts des Ehemanns“ aufgehoben. Dieses besagte, dass der Mann bspw. über Wohnort, Beruf der Frau oder Kindererziehung entscheiden durfte. Bis zur Aufhebung dieser Regelung war es dem Mann möglich, über das von der Frau in die Ehe eingebrachte Geld zu bestimmen. Doch erst vier Jahre später, im Jahr 1962, durften Frauen ein Bankkonto eröffnen.
1972 - „Fräulein“ war bis in die 1970er Jahre hinein die förmliche Anrede für unverheiratete Frauen und kennzeichnete damit ihren Status als „noch zu haben“. Bereits ab den 1950er Jahren gingen Beschwerden beim Bundesministerium des Inneren über die Verwendung ein. Im Jahr 1972 verkündete das Ministerium, dass volljährige weibliche Personen in Bundesbehörden als „Frau“ und nicht länger als „Fräulein“ angesprochen werden sollen.
1919 - Nach langen Kämpfen um das aktive („wählen dürfen“) und passive („gewählt werden können“) Wahlrecht, wurde das allgemeine Frauenwahlrecht am 30. November 1918 im Reichswahlgesetz verankert. Die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919 war die erste, in der Frauen ihr Wahlrecht ausüben konnten. Die Wahlbeteiligung unter den wahlberechtigten Frauen lag bei 82,3 %.
2019 - Im Jahr 2019 wurde die Amerikanerin Jennifer Morgan Vorstandsvorsitzende des deutschen Konzerns SAP. Damit war sie die erste Frau, die einen DAX-Konzern (in CO-Leitung mit einem Mann) leitete. Die erste und alleinige Vorsitzende der Geschäftsleitung von Merck KGaA ist seit dem Jahr 2021 Belén Garijo. Obwohl es damit schon zwei Vorstandsvorsitzende gibt, sind Frauen in DAX-Vorständen generell unterrepräsentiert.
1923 - Im Jahr 1923 wurde Margarete von Wrangell als erste Professorin an die Universität Hohenheim berufen. Sie war damit auch die erste Lehrstuhl-Inhaberin des Instituts für Pflanzenernährung. Die Zahl der Frauen nimmt mit zunehmender akademischer Laufbahn stetig ab. Über die Hälfte der erfolgreichen Studienabgänger*innen waren laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2022 weiblich. Doch nur 28 % der Hochschulprofessuren waren von Frauen besetzt.
1958 - Das „Letztentscheidungsrechts des Ehemanns“ wurde durch das im Jahr 1958 in Kraft getretene Gleichberechtigungsgesetz abgeschafft. Frauen konnten von nun an ohne Einwilligung ihres Mannes oder Vaters einen Führerschein machen. In der DDR konnten Frauen dagegen bereits seit Staatsgründung 1949 einen Führerschein machen oder das eigene Vermögen verwalten.
2001 - Frauen durften zwar schon ab dem Jahr 1975 im Sanitätsdienst der Bundeswehr „dienen“, jedoch „auf keinen Fall Dienst an der Waffe leisten“, so das Gesetz. Erst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2000 eröffnete Frauen in Deutschland uneingeschränkt alle militärischen Laufbahnen. Am 2. Januar 2001 rückten zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr 244 Rekrutinnen zum Dienst in Kampfeinheiten von Heer, Marine und Luftwaffe ein.
1976 - Am Nachmittag des 16. Juni 1976 begrüßte Dagmar Berghoff als erste Frau die Zuschauer*innen der Tagesschau in der ARD. Insgesamt 23 Jahre lang präsentierte sie im öffentlich-rechtlichen Sender die Nachrichten, von 1995 bis zu ihrem Abschied im Jahr 1999 in der Funktion als Chefsprecherin. Heute ist das Team der Tagesschau diverser aufgestellt.
1970 - Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verbot im Jahr 1955 den Fußballsport für Frauen unter seinem Dach. Der Kampf um den Ball würde der „weiblichen Natur“ widersprechen und sei nicht schicklich. Erst im Jahr 1970 änderte sich dies und Frauenfußballvereine durften Teil des DFB sein, jedoch nur unter Auflagen wie bspw. dem Spiel mit leichteren Bällen. Nach der Aufhebung gründeten sich immer mehr Vereine und Ligen auf lokaler Ebene. Im Jahr 1974 fand die erste deutsche Fußballmeisterschaft der Frauen statt.
2021 - Die Rechtsanwältin Awet Tesfaiesus zog 2021 für die Grünen in den Bundestag ein. In einem Interview sagt sie: „Als Schwarze Frau freue ich mich, dass eine weitere Tür, die für uns verschlossen war, nun geöffnet werden konnte. Es ist ein wichtiger historischer Moment, bei dem es weniger um meine Person geht als darum, dass strukturelle Diskriminierung Schritt für Schritt aufgebrochen wird.“ (https://www.frauen-macht-politik.de/awet-tesfaiesus/)
Wie krass, meine Oma musste meinen Opa also noch um Erlaubnis bitten, um einen Führerschein zu machen?! Puuh, zum Glück haben frühere Generationen gegen solche absurden Regelungen gekämpft! Frauen und queere Menschen mussten sich ihre gesellschaftliche Teilhabe erstreiten und Mitbestimmung in den Parlamenten und der Wirtschaft erkämpfen. Und Antifems wollen die gesellschaftlichen Veränderungen stoppen oder komplett zurückdrehen, crazy…
Ich gehe mal einen Raum weiter, dort geht es wohl um…
Kim bewegt sich weiter durch die Ausstellung…
Menschen sterben jedes Jahr, weil sie gezwungen sind einen Schwangerschaftsabbruch unter unhygienischen Bedingungen durchzuführen.
Ah, hier geht es um das Thema Schwangerschaftsabbruch. Auf einer Tafel wird es genauer erklärt:
„Die Ermöglichung eines selbstbestimmten und freien Lebens ist Grundlage für viele feministische Forderungen. Durch das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen wird die freie Entscheidung von Schwangeren über ihren eigenen Körper beschnitten. Antifeministische Akteur*innen, wie selbsternannte „Lebensschützer*innen“, setzen sich für den Erhalt des Verbotes und somit gegen die körperliche Selbstbestimmung von Schwangeren ein.“
Sexuelle reproduktive Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht!
Alle Menschen müssen diskriminierungsfrei über ihre Familienplanung und ihr Sexualleben entscheiden können und bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden – unabhängig von ihrer Herkunft, sexuellen und geschlechtlichen Orientierung oder der sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Situation.
Abtreibung ist Mord!
Für GegnerInnen von Schwangerschafts-abbrüchen beginnt das Leben bereits mit der Empfängnis, also der Vereinigung von Sperma und Eizelle. Ab diesem Moment gilt ein Abbruch der Schwangerschaft für sie als Mord am ungeborenen Leben. AbtreibungsgegnerInnen lehnen daher auch die „Pille danach“ ab.
Oha, es gibt also ernsthaft Leute, die Schwangerschaftsabbrüche komplett verbieten wollen?! Ganz schön krass. Ich kenne auch Frauen, die schon die „Pille danach“ genommen haben…wenn das nicht mehr möglich sein soll, puuh!
Aber wer sind die Leute, die das verbieten möchten?
freie-radios.net
Mit dem öffentlichen Bekenntnis „WIR HABEN ABGETRIEBEN!“ brachen 374 Frauen im Jahr 1971 ihr Schweigen und forderten in der Zeitschrift „Stern“ das Recht auf legale Schwangerschaftsabbrüche. In der BRD war Schwangerschaftsabbruch ein geltender Strafbestand und die Frauen bekannten sich somit öffentlich zu einer durchgeführten Straftat. Sie holten das Tabuthema Schwangerschaftsabbrüche in die Öffentlichkeit und eröffneten gesellschaftliche Debatten – die bis heute andauern.
Der Kampf für straffreie Schwangerschaftsabbrüche wird also schon ganz schön lange geführt. Aber wie ist eigentlich der aktuelle Stand? Mache ich mich heute immer noch strafbar, wenn ich meine Schwangerschaft abbreche? Da muss ich direkt mal das Internet befragen…
Unter dem Video finde ich noch ein Kommentar: „Zumindest der Paragraf zum Werbeverbot (§219a) wurde im Jahr 2022 aufgehoben, immerhin!“
Schon ziemlich verrückt alles! Die aktuelle Situation scheint es ungewollt Schwangeren nicht gerade leicht zu machen einen Abbruch durchführen zu lassen. Trotzdem gehen noch Leute auf die Straße und wollen schärfere Gesetze, also ein komplettes Verbot von Abtreibungen. Ich dachte, wir wären gesellschaftlich schon weiter: Menschen sollten doch selbstbestimmt und frei über ihren Körper und damit über die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft bestimmen können! Sollten AbtreibungsgegnerInnen mit ihren Forderungen durchkommen, hätte das weitreichende Konsequenzen. Den Gedanken muss ich später weiterdenken, erstmal geht es in den nächsten Ausstellungsraum…
Auszüge der Chronik von Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTIQ*) des LSVD+ - hier geht es zur gesamten Chronik
Die Liste an queerfeindlichen Angriffen ist ja endlos lang und das waren nur die Angriffe im Jahr 2023! Wahrscheinlich gibt es noch eine große Dunkelziffer. Mir war gar nicht bewusst wie viel physische Angriffe schwule und lesbische Menschen und trans Personen erleben. Ich kann echt nicht nachvollziehen wie Leute so einen Hass entwickeln und Gewalt ausüben können. Und das alles, weil sie denken es sei nicht „natürlich“? Was für eine Sch***.
Neulich gab es wohl auch gezielte Angriffe auf verschiedene CSD.
„CSD unter Polizeischutz. Kommentar: Ein Angriff auf die liberale Demokratie an sich“
Für die extreme Rechte ist Queerfeindlichkeit also auch ein Thema. Das wundert mich ausnahmsweise mal nicht! Queerfeindlichkeit ist ja schon ein Markenzeichen von manchen rechten PolitikerInnen geworden - auch wenn sie teils selbst in einer homosexuellen Beziehung leben. Sollen doch alle Menschen einfach so leben und lieben, wie sie möchten! Stattdessen soll ich mir von rechts vorschreiben lassen wie ich als Mann oder Frau sein soll, was ich tun darf und was nicht? Ey, wir sind doch nicht mehr in den 50igern, wo Homosexualität noch unter Strafe stand und meine Oma ohne Erlaubnis keinen Führerschein machen durfte. Da kann doch niemand mehr hinwollen… oder?
Ich gehe mal weiter…
Auf den ersten Tafeln im neuen Ausstellungsraum wird erklärt, weshalb Antifeminismus ein Kernbestandteil von extrem rechten Denkens ist:
In extrem rechten Vorstellungen gibt es nur zwei Geschlechter: Mann und Frau. Diese sind rein biologisch gedacht und lassen ergänzende Sichtweisen auf Geschlecht als sozial konstruiert nicht zu. Vor allem haben sie ganz klare Vorstellung was es heißt, ein „richtiger Mann“ oder eine „richtige Frau“ zu sein. Frauen sind demnach emotional, irrational und passiv, Männer hingegen stark, kampfbereit und aktiv. Frauen kommt so die Aufgabe der Gebärerin und Mutter zu. Männer nehmen die Funktion des Verteidigers und Beschützers ein. Feministische Positionen stellen diese naturalisierten Vorstellungen von Geschlecht in Frage und werden so zur Bedrohung erklärt.
Doch Theorie und Alltag passen nicht immer zusammen: extrem rechte Frauen sind längst nicht mehr nur passive Hausfrauen und Mütter – und waren es nie! Sie sind selbst politisch aktiv und dabei nicht weniger menschenfeindlich.
Verschiedene rechte AkteurInnen meldeten sich in den letzten Jahren wie folgt zur Wort: Werte wie Gleichberechtigung und Sicherheit von Frauen müssten gegen einen vermeintlich rückständigen Islam verteidigt werden. Es folgten mehrere rechte und rassistische Demonstrationen und wiederkehrende Kampagnen. Hierbei fand und findet eine rassistische Instrumentalisierung von Frauenrechten statt.
Ok, Feminismus stellt traditionelle Geschlechterrollen in Frage und damit gleichzeitig das Konzept von extrem Rechten. Ist mir schon klar, dass Feminismus dann zum Feindbild erklärt wird. Da passt es ja auch gut, dass manche rechten AkteurInnen auch für das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen sind. Es sollen ja mehr „deutsche“ Kinder geboren werden, was auch immer das heißt...
...generell scheint das Thema klassische Rollenvorstellungen wieder voll zu trenden. Hab ich da nicht letztens diese Folge mit dieser Influencerin gesehen?!
Für mehr Freiheiten für alle zu sein, heißt ja nicht, dass konservative Lebensentwürfe nicht mehr denkbar sind. Wenn homosexuelle Paare heiraten dürfen, wird heterosexuellen Paaren ja nichts weggenommen. Außerdem sind Männer manchmal auch ziemlich emotional und Frauen rational – das ist doch Quatsch da so eine starke Trennung zu machen!
Wenn du ebenso wie Kim der Meinung bist, dass du nach der Ausstellung immer noch nicht genug über das Thema Antifeminismus weißt, dann haben wir dir hier eine kleine Mediathek zusammengestellt. Wir wünschen viele Erkenntnisse beim Stöbern, Lesen, Hören und Anschauen.
ANTIFEMINISMUS
SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH
Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen
ist ein Projekt der Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz e.V., das im Januar 2022 gestartet ist. Ziel des Projektes ist es, die Gefahren und antidemokratischen Dynamiken von Antifeminismus sichtbar zu machen und ihnen entgegenzuwirken. Gefördert wird das Projekt durch die „Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus NRW“ (LKS), aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, und durch das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) des Landes NRW.